Gedanken über Tango-Unterricht | 32. Teil

Teil 32) | Rebotes – oft monoton, aber unerzichtbar

Schon mehrfach habe ich mich über die Rebotes beklagt, die auf nahezu jeder Tango-Tanzfläche zu beobachten sind – jene kleinen rhythmischen Rückfedern, ohne die kein Paar auf vollen Pisten überlebt.
Meine Kritik richtet sich aber nur gegen die Monotonie der zwei „Standard-Rebotes“ –  als gäbe es keine Alternativen – aber nicht gegen Rebotes im  Allgemeinen. Denn sie ließen sich in jeder Position ausführen – ob im gekreuzten oder parallelen Schrittsystem, rhythmisch variabel und musikalisch reizvoll.
Ich werde gleich diese beiden Standard-Rebotes genauer beschreiben. Und bitte erschreckt euch nicht, wenn ihr euch in diesen Mustern wiedererkennt – das ist keine Kritik am Einzelnen. Ich stelle nur fest: Viele Lehrer kennen offenbar genau diese beiden Varianten – und keine weiteren.

Über Tango-DJing und Tango-Musik in Milongas

Ein sehr subjektiver Beitrag Nachtrag (1. Dezember, abends) Ich habe diesen Artikel nachträglich ergänzt, nachdem ich einen älteren Beitrag von Jochen Lüders aus dem Jahr 2022 gelesen hatte. Darin hält er sämtliche Bemühungen von DJs, ihre Stücke spontan an die jeweilige Situation auf der Piste anzupassen, für überflüssiges „Gedöns“ und „Geschwurbel“. Fertige Playlisten seien seiner Meinung nach deutlich sinnvoller – und würden vor allem den Stress beim ständigen Suchen vermeiden. Ich glaube das nicht und werde das auch begründen. Hier […]

Gedanken über Tango-Unterricht | 31. Teil

Teil 31) | Warum ich den Lerneffekt bei Tango-Reisen für sehr effektiv halte
Früher habe ich manche Tangolehrer regelrecht beneidet, die ihren Unterricht unter Palmen in warmen Urlaubsländern gaben – eine Art „Tango-Klinik unter Palmen“. Der Gedanke, Unterricht mit Sonne, Meer und leichter Urlaubsstimmung zu verbinden, hatte durchaus seinen Reiz.

Ich selbst habe das nie als Dauerprojekt betrieben, aber ich habe mehrfach mit Gruppen außerhalb des normalen Kursbetriebs gearbeitet – an verlängerten Wochenenden, in Belgien und in Deutschland. Schon da konnte man spüren, wie anders Menschen lernen, wenn sie aus ihrem Alltag raus sind. Es war kein Pauschalurlaub, kein „Tango & Töpfern in der Toscana“-Format, sondern schlicht konzentrierte Arbeit in entspannter Umgebung – und genau das macht den Unterschied.

Gedanken über Tango-Unterricht (und das Bloggen) | 30.Teil 

Ein kleines Resümee • eine Rückschau und Reflexion Das ist nun der 30. Teil der Reihe „Gedanken über Tango-Unterricht“ – eigentlich waren es mehr, weil manche Themen mehrere Teile hatten. Zeit also, mal ein kleines Resümee zu ziehen. Ehrlich gesagt, haben mich manchmal die Diskussionen mit anderen Bloggern oft mehr Energie gekostet als die inhaltliche Arbeit an Tango-Themen selbst. Die vorübergehende „Beheimatung“ einiger Kommentatoren, die bei Gerhard Riedl geblockt wurden und dann bei mir schrieben, hat zwar ordentlich Traffic gebracht […]

Monokultur in der öffentlichen Tanzwelt

In der Tango-Szene prallt man erstaunlich oft auf eine merkwürdige Abwehrhaltung gegenüber anderen Tänzen – und auf dieses Bedürfnis, dem eigenen Tango-Dasein ein kleines Elite-Abzeichen anzupappen. Das Muster ist alt: Der eigene Stil wird hochgehoben, der Rest abgewertet. Und das passiert nicht nur im Tango. Auch in Salsa-, Swing- oder Caribic-Szenen herrscht eine ähnliche Allergie gegen alles, was nicht ins eigene Klangbild passt.

Früher konnte ein normaler Tänzer mehrere Tänze – heute beherrschen die meisten nur noch ihren einen Stil und vielleicht ein paar nahe Verwandte wie Tango-Vals, Milonga oder Chachachá. Die Ablehnung anderer Musikrichtungen hat dabei oft denselben Grund: Man versteht die Bewegung nicht, also versteht man den Spaß nicht. Und was man nicht versteht, wird gerne als „nicht meins“ abgestempelt.

Kurios ist, dass die Tango-Szene ausgerechnet die Chacarera ohne Murren akzeptiert – vermutlich, weil man in Buenos Aires gemerkt hat, dass viele Südamerikaner ein Grundrepertoire an verschiedenen Tänzen haben und man das deshalb als „zum Tango gehörig“ durchwinkt.

Erste Schritte statt großer Versprechen: Mein Rezept für Tango-Neugier

Ob man Freunde zum Tango-lernen überreden sollte, und wenn, wie?

Blogger-Kollege Yokoito hat einen ausführlichen Text veröffentlicht – auf Englisch, wohlgemerkt. Und ich schreibe es gleich offen: Ich verstehe nicht, warum man einen Beitrag über Tango-Einsteiger in einer Sprache verfasst, von der man weiß, dass der überwiegende Teil der Leserschaft sie nicht flüssig liest. Die Kommentarspalten sprechen eine klare Sprache: Kaum jemand reagiert, weil sich schlicht kaum jemand die Mühe macht, sich durch einen langen englischen Text zu arbeiten,  denn die meisten Kommentare sind in Deutsch. Damit schränkt man die Diskussion unnötig ein.

Aber zum Inhalt.
Er schlägt einen „SCHNELLTEST ZUR TANGO-EIGNUNG“ vor, um herauszufinden, ob Tango etwas für jemanden sei. Klingt erst mal hübsch – hat aber mit der Realität des Lernens wenig zu tun.

Gedanken über Tango Unterricht | 29. Teil

Teil 29.) | Ein persönlicher Blick auf Musikalität und Selbstüberschätzung

Ich kenn das selbst – als Tango-Lehrer steht man dauernd zwischen zwei Welten: Technik und Tanz. Und oft verliert man dabei das Wichtigste aus den Augen – den Tango als Musik.

Ich ertappe mich immer wieder dabei, zu sehr an Haltung, Schrittlänge oder Achse zu feilen, statt mich zu fragen: Hilft das meinen Schülern, die Musik besser zu hören? Oder hilft es ihnen nur, „sauberer“ auszusehen?

Viele hören nämlich gar nicht die Musik, sondern nur den Takt. Eins-zwei-drei-vier. Das ist okay für den Anfang, aber Tango ist so viel mehr. Es geht darum, die Stimmung, die Phrasen, den Atem der Musik zu spüren – und sie mit Bewegung zu beantworten.

Kommentar-Funktion wieder hergestellt

Da ich wegen eines sehr hartnäckigen Hackers die Kommentarfunktion auf registrierte User umstellen musste, konnte man auf meinem Blog eine Woche lang nicht kommentieren.Diese habe ich jedoch wieder eingerichtet – Ihr könnt also wieder ohne Registrierung kommentieren. Freue mich auf Kommentare, auch wenn Euch vom Smartphone aus gelegentlich Tippfehler passieren, traut Euch, denn die kann ich gerne für Euch korrigieren. Mit freundlichen Grüßen 

Gedanken über Tango Unterricht | 28. Teil 

Teil 28) | Der Tanz der Neuronen – über Gewohnheit, Geduld und Veränderungen im Tango

Im Unterricht zeigt sich oft, wie schwierig es ist, gewohnte Bewegungsmuster zu verändern oder zu verbessern. In der Neurobiologie spricht man in diesem Zusammenhang vom Prinzip „strong fire – strong wire“: Häufig gleichzeitig aktivierte Nervenzellen bilden verstärkte synaptische Verbindungen – ein Prozess, der als Hebb’sches Lernen bekannt ist. Dadurch verfestigen sich bestimmte neuronale Netzwerke, die Bewegungen automatisieren und ökonomisieren, aber auch deren Veränderung erschweren. Diese tief eingeprägten Bewegungsabläufe lassen sich daher nur schwer umstrukturieren. Gerade im Tango-Unterricht wird deutlich, dass es nahezu aussichtslos ist, grundlegende Bewegungen zu verändern oder zu verbessern, ohne die geduldige und beharrliche Mitarbeit der Lernenden. Nur durch kontinuierliche Aufmerksamkeit, Wiederholung und gezielte Variation können neue, funktionalere Muster entstehen – ein Vorgang, der unter dem Begriff neuronale Plastizität beschrieben wird.

Was ist Tanz? Und was macht den Tango zum Tango?

Man urteilt schnell. Ein Blick auf ein Tango-Video – und schon fällt das Urteil: „Das ist kein Tango!“ Oder, ebenso entschieden: „Genau das ist es!“ Doch woran messen wir das? An der Form, an der Mode, an bestimmten Schritten? Vielleicht lohnt sich ein genauerer Blick: Was ist eigentlich Tanz? Und wann darf sich der Tango Tango nennen? Diesen Fragen möchte ich in einem zweiteiligen Text nachgehen – jenseits von Stilrichtungen und Schrittfolgen, näher am Kern der Bewegung: Teil 1: Was […]

Keine zwei Wendel – nur eine Haltung – aktualisiert

Habe im Kommentarteil noch einen aktuellen Kommentar abgesetzt: Ein kleines Psychogramm über Riedl

Ich bin mehrmals von einer Freundin ermahnt worden, mich auf meinem Blog nicht mehr auf Gerhard Riedl zu beziehen – aber er hängt an meinem Blog wie eine Klette. Offenbar, weil er seine merkwürdigen Sticheleien immer noch für Satire hält und glaubt, seine ohnehin ideenarme Thematik mit einer Art digitaler Schulhofschlägerei aufpeppen zu können – bekanntlich ein Mittel, um den Traffic nach oben zu treiben.
Nur diesmal ist er etwas zu weit gegangen: Wenn er meine Aussagen plötzlich als identisch mit seinen eigenen ausgibt und mir bei jeder Klärung oder Differenzierung „Zurückrudern“ und „zwei Wendels“ bescheinigt, wird es Zeit, die Dinge geradezurücken.

Gedanken über Tango Unterricht | 27. Teil B

Teil 27 B) Die Ad-hoc-Improvisation im Tango-(Anfänger)-Unterricht
In diesem Teil geht es um die ad-hoc-Improvisation auf der Tanzfläche – und darum, wie man sie im Unterricht vermitteln kann.

Die zentrale Frage lautet: Was braucht ein Tango-Paar, um sich in einer vollen Ronda sowohl musikalisch als auch räumlich angemessen zu bewegen?

Darüber hinaus möchte ich auf die von mir beobachteten, unterschiedlichen Motive beim Tanzen von Figuren eingehen. Viele Tänzer:innen übersehen bei Figuren und Sequenzen deren funktionale Bedeutung als räumliches Manöver. Stattdessen betrachten sie die Figur an sich als das Wesentliche, das spielerische, qualitative Element  des Tangos – und vernachlässigen dabei häufig die musikalische Komponente.

Gedanken über Tango Unterricht | 27. Teil A

Teil 27A) Geschichtliche Entwicklung der Tango-Szene in Deutschland – Warum mehrere Lager enstanden

Bevor ich im Teil 27 B nochmal zum Thema „Improvisation im Tango-Unterricht“ komme, muss ich geschichtlich etwas ausholen, um das in Deutschland vorhandene Missverständnis zwischen „freiem Tanz und Tango-Improvisation“ im historischen Kontext verständlich zu machen.

Ich habe bereits zweimal zum Thema Tango-Improvisation geschrieben, daher gehe ich hier auf bestimmte Aspekte hier nicht erneut ein, sondern auf die Entstehung Tango-Szene in Deutschland seit den 80er Jahren und die Frage: Warum gibt es unterschiedliche Auffassungen über Tanz und daraus resultierende Tango-Lager?

Ich möchte aber in  diesem Beitrag nur auf die Entwicklung nach dem 2. Weltkrieg eingehen, und nicht auf die 20er Jahre, in denen sich der Tanz auch schon mal von starren Regeln und Vorgaben emanzipierte. 

Gedanken über Tango Unterricht | 26. Teil

Teil 26) | Wiederholung und Entdeckung – über das Lebendige in der Übung
Es gibt diese Momente im Unterricht, in denen alles ordentlich aussieht. Die Schüler arbeiten konzentriert, der Raum ist ruhig, die Bewegung klar. Von außen wirkt das nach Lernen. Doch manchmal spürt man: Die Aufmerksamkeit ist da, aber das Interesse fehlt. Die Übung läuft, aber sie lebt nicht mehr. Das passiert, wenn Wiederholung nicht mehr mit Entdeckung verbunden ist. Warum Wiederholung nötig – und riskant – ist.

Tango-Masterclasses

oder: Den Nippel durch die Lasche ziehen Eigentlich wollte ich mich hier gar nicht auf eine Schlammschlacht einlassen, aber ich möchte auf mehrfach  geäußerte Kritik bezüglich meiner Sprache in meinem Blog eingehen. Außerdem ein Thema ansprechen, was mich schon länger beschäftigt: Tango Masterclasses!Da beide Themen zufällig über den nachfolgend genannten Blogger miteinander verkettet sind, dieser Artikel. Das Titelbild wird auch erst zum Schluss des Artikels verständlich.  Blogger Jochen Lüders widmete mir einen ganzen Artikel, in dem er mir eine „verschraubte […]

Gedanken über Tango Unterricht | 25. Teil

Teil 25) | Spiraldynamik und Tango: Anatomie, Vermittlung und die Kunst der Ochos

Das Thema Spiraldynamik hat mich im Zusammenhang mit Tango-Bewegungsschulung seit Langem beschäftigt. Je tiefer ich recherchierte, desto deutlicher wurde: Es gibt bereits eine beeindruckende Fülle an Artikeln, Unterrichtskonzepten und sogar detaillierten Analysen einzelner Figuren wie der Ochos. Umso naheliegender die Frage: Wozu noch ein weiterer Text? Meine Antwort ist schlicht – weil zwischen theoretischem Wissen und praktischer Umsetzung noch immer eine Lücke klafft. Viele Lehrer:innen arbeiten intuitiv bereits mit spiraligen Prinzipien; dennoch bleibt für viele Lernende unklar, wie sich diese Prinzipien konkret in Bewegungsqualität übersetzen lassen[…]

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