
Epoca de Oro
…da gibts noch keinen Ersatz! Aber…
Der Begriff „Tango – Epoca de Oro – EdO“ besteht als Etikette für die goldene Epoche des Tangos und gleichzeitig als Qualitätstandard, der aber auch gute Tanzbarkeit garantieren soll. Dieses Kriterium ist aber leider auf diese Zeit begrenzt, also gilt in den Milongas in Europa nicht vor dieser Zeit, zum Beispiel für Tangos der 30er. Warum eigenlich?
Wir sollten mal die allgemeinen Vorurteile auch anhand der damaligen Bedingungen überprüfen.
Außerdem ist eine Erneuerung des Tangos mit zeitgenössischen Tangos und damit gewünschte Belebung monotoner Milongas noch nicht so schnell möglich. Eine Alternative dazu schlage ich also auch vor.
Innerhalb der gesamten Tangowelt wurde schon mal heftigst in Diskussionen zum Beispiel über brauchbare Tanzmusik gestritten.
Aber das scheint mittlerweile passé. Die Lager haben sich scheinbar mit einer Nichtvereinbarkeit zweier Tanz-Sparten abgefunden: Neo und EdO
Da ich über die Monotonie des Musikspektrums in der traditionell bezeichneten Tangowelt schrieb und man mich geschmacklich schon in der Ecke eines anderen Bloggers wähnte, muss ich hier nachlegen:
Eine möglichst zeitnahe Bereicherung
durch zeitgenössische Tangos oder als Ersatz?
Das wird leider noch etwas dauern.
Das musste ich nach Überdenken und nochmaligem Hören moderner Orchester leider feststellen. Denn die Akzeptanz zu neuerer Tangomusik braucht noch mehr Zeit als vermutet, und zwar die Zeit, die dem Tango in der Pause von 1960 bis 90 zur tänzerischen Weiterentwicklung fehlen.
Das bekannte „taste freezing“ das Beibehalten von Gesachmacksgewohnheiten wird eine Akzeptanz ebenso bremsen.
Die Etikette EdO – Tango-Musik aus der Epoca de Oro, machte man zu einem Abgrenzungsbegriff zu Neo-Tango. Die Zeit zwischen 1940 und 1955 wird als goldenes Zeitalter des Tangos in Buenos Aires und Montevideo bezeichnet, während dort ein wirtschaftlicher Wohlstand dem Tango zu einer nicht zu übertreffenden Blüte verhalf.
Die Wiederbelebung des Tangos schreibt man Juan D’Arienzo mit dem Pianisten Rodolfo Biagi (ab ca. 1938) zu, die angeblich ganz Buenos Aires, besonders wieder die Jungend aufs Parkett brachten.
Seine besondere energetische Spielweise mit diesem besonderen ‚compas‘ genannten swingenden Taktschlag, gilt als musikalisch Zäsur. Tut mir leid, aber diesen ‚compas‘ finde ich auch schon teilweise in Carlos DiSarlis Sextett in den 30ern (z.B. „Chau Pinela“).
In Europa erzwang man der gesamten Tango-Musik mit seiner Bezeichnung EdO ein künstliches „Abkappen“ in vor 1940 & nach 1955. Dieser Beschneidung in den Playlisten der hiesigen Tango-DJs fielen viele andere schöne Musikstücke zum Opfer, die man leider zuerst in den Milongas mied. Die Musikauswahl EdO ist heute in Encuentros und vielen Traditionellen Milongas Standard.
[Korrektur: nach Auskunft von Theresa Faus, DJ aus München, haben auch vor allem Stücke von Donato und Canaro aus den 30ern Einzug in die Auswahl von EdO-DJs gefunden.]
Erst nach und nach fanden Stücke aus den 30ern von Canaro durch Shows mit Tänzern wie Pablo Inza wieder eine Akzeptanz in der Szene (zum Beispiel „Poema“).
Ich kenne sogar einen DJ in Bremen, der mit einer der größten Tangomusiksammlungen überhaupt gewappnet ist, in der strengen EdO-Szene gemieden wird, weil er auch wunderschöne, seltene Tangos aus den 30ern, (Pedro Maffia mit „Un Probre Moracho“ 1929) also außerhalb EdO spielt. Schade! Ich habe bedingt durch diese Musik einen der schönsten Tanzabende meiner Tangozeit genießen dürfen. Danke, Karl-Jochen!
Eingängigkeit oder Komplexität
Ich möchte vorausschicken, dass ich alle folgenden Beurteilungen von Musik aus subjektiver Sicht als Tänzer und in Hinsicht auf das Durchschnittsniveau der Tänzer in der deutschen Tangoszene schreibe. Sie sind sind zwangsläufig auch eine Geschmacksfrage. Also bitte sachte bei Kritik! Ich versuche hier nur Grundsätzliches anhand von Beispielen erklären.
Und hier komme ich auf die Begriffe „eingängig“ oder „komplex“ als Tanzmusikkriterium zu sprechen.
Eingängigkeit bedeutet, dass Musikstücke eine einfache, „eingängige“ Melodie, die zum Mitsingen einlädt, eine klare Rhythmusstruktur die mit der Melodie einhergeht und dadurch rhythmisches Tanzen durch „Vorraushörbarkeit“ erleichtert, haben sollten. Komplexität erschwert diese Vorraushörbarkeit, ist also für Tänzer schwieriger.
Eingängige Musik eignet sie sich auch für musikalische-rhythmische Tanzschulung viel besser als spätere Musik.
Ist nicht auch die viel einfachere Musik viel besser zum Tanzen für alle Level? Denn die Intensität, die nach innengerichtete Verbindung im Tanzpaar zur Improvisation komplexerer Musik, mit genußvollen Pausen, setzt hohe tänzerische Qualitäten voraus.
Hier muss man aber zugeben, dass Tangos aus den 30ern eingängiger sind als die späteren von z.B. Anibal Troilo aus den 40ern, die ja sehr raffiniert war. Ganz zu schweigen von Francini-Pointier.
Spätere Tangomusik ist zwar komplexer, raffinierter arrangiert, aber nicht unbedingt besser zu tanzen. Wenn ich überlege, dass Edgardo Donato bei einigen DJs verpönt ist, weil seine Musik durch ein Akkordion verstärkt wärmer und melodiös, also zu eingängig klingen soll, verstehe ich die Welt nicht mehr. Gibt es tänzerisch dynamischere Stücke als „Sin Sabor“ oder „Alas Rotas“? Klar, Biagis „Yaguaron“, aber bitte sehr: Warum diese Ächtung von Donato oder Canaro? Obendrein entsteht bei Donato immer eine gelockertere, fröhlichere Stimmung in Milongas.
So ist die Abgrenzung nach unten, also vor 1940 nicht so gut nachzuvollziehen; eher kontraproduktiv.
Zumal es in den 40ern viele komplexe Titel gibt, die sich sehr schwer tanzen lassen. Das schafft Unruhe auf den Tanzflächen, obwohl die Titel sehr ruhig sind. Die zerrissene Gesangsphasen, die Nuancen, sind zwar sehr anspruchsvoll, aber tänzerisch für Normaltänzer nicht umzusetzen. Es gibt nur wenige gute DJs, die hier eine ausgewogene Balance finden. Ich hoffe, es fühlen sich jetzt nicht wieder alle DJs angegriffen.
Ich halte Osvaldo Puglieses Titel mit dem Sänger Roberto Chanel (Nada mas que un corazon) für äußerst schwierig und hege den Verdacht, dass sie vorwiegend für Hörer bestimmt waren, weil der Sänger so im Vordergrund steht. Aber es ist schöne Musik, zwar tanzbar, aber sind in Kette für Milonga-Höhepunkte zu melancholisch.
Aus diesem Grund sollte man die zeitliche Grenze des Begriffs EdO nach unten, also schon zu Beginn der 30er Jahre verschieben.
Nach oben, also spätere Jahre jenseits der 50er ist die Begrenzung schon eher nachvollziehbar, obwohl ich selbst kitschige Stücke von Di Sarli aus den Jahren 1958 („Hasta Siempre Amor“ mit Horcio Casares) schon als kitschig, aber schön empfinde. Ich glaube sogar, die Abgrenzung jünger als 1958 ist diesen Stücken von ihm (und anderen) geschuldet, weil man sie noch dazu haben wollte. Die späten Stücke von Juan D’Arienzo, (Loca) sind dagegen in einer Wucht und Dynamik arrangiert, die mich tänzerisch sehr anspornt, diese werden aber trotzdem verächtlich in die Ecke „Tango für den Export“ gesteckt und von Traditionalisten geschmäht.
Dies Musik zu tanzen setzt viel, viel tänzerische Energie voraus. Ich finde sie super.
Aber viele Stücke aus den 60ern sind so kitschig, dass mir der Schmalz die Ohren verstopft. Tja, mit dieser Aussage werde ich wohl zumindest bei einem Blogger wieder ins Feindlager gesteckt.
Als abschreckendes Beispiel der 60er Jahre: Agustin Magaldi Junior
Aus Schonungsgründen nur 15 Sek.
Musikalisches Tanzen in den 40ern und heute
Ob und wie musikalisch in der EdO-Zeit getanzt wurde, ist nicht so überliefert. Es existiert auch zu wenig Filmmaterial darüber. Wobei mir die verbliebenen Tanzszenen in alten Filmen aus heutiger Sicht so unmusikalisch getanzt vorkommen, dass ich meine Anforderungen an Musikalität in Frage stellen könnte.
Dass aber auch die Fähigkeit und Umsetzung nicht so spezialisiert und anspruchsvoll gewesen sein kann, ist allein durch 2 Umstände als sehr unwahrscheinlich zu begründen:
Nämlich, weil der Wechsel zu immer neuen Stücken und durch die kurze Zeit, in der der Tango so verbreitet war. Ich denke, das die Vielfalt an Musik, an unterschiedlichen Standorten, an Menschen, Ethnien, Bewegungsvielfalt, eine so spezialisierte, artifizielle Interpretation der Musik wie heute verhindert haben.
Wenn man nämlich heutzutage Stücke geschätzt mindestens hundertmal hören und dazu tanzen muss um so musikalisch dazu tanzen zu können, war früher gar nicht die Zeit dazu.
Dass allein dadurch das Argument nur „EdO-Musik = einzigartig und deshalb automatisch gut tanzbar“ nicht zu halten ist, müsste allen einleuchten.
Denn selbst nur wenige geschulte Tänzer sind oft erst durch ständige Musik- und Tanzwiederholung in der Lage ad hoc musikalisch zu einem bestimmten Titel zu tanzen.
Von Normaltänzern erst garnicht zu sprechen. Die wenigsten davon tanzen so musikalisch nach Ansprüchen und Gesichtspunkten wie im Musikalitätsunterricht bei Murat Erdemsel oder Joaquin Amenabár.
Ich würde gern Joaquin nach Musikalität der Tänzer während der 40er befragen.
Was sollen also die Ansprüche an Tanzmusik, allein nach Jahreszahlen sortiert?
Hier sehe ich die Kritik an Tango-Lagern, die einfach ohne genaue Differenzierung zu wirklich tanzbarer Musik allein durch Bezeichnungen einer Jahreszahlbeschneidung der „EdO“ zu Meinungs-Trutzburgen mutieren.
Wenn das jemand als Übertreibung betrachtet, sollte mal die Playlisten mancher DJs unter die Lupe nehmen.
Auch in Milongas sehe ich oft wenig Toleranz einiger Gäste, wenn auch nur kleinste Abweichungen vom EdO-Gebot mit Mosern am DJ oder Nichtwiederkehr bestraft werden.
Abschließend muss man ja nochmal wiederholen, dass das Interesse an Tango am Rio de la Plata irgendwann in den 60ern abebbte. Das aber kann wiederum nicht nur an der wirtschaftlichen Situation gelegen haben, sondern muss durch Monotonie und Langeweile passiert sein; jeder Tanz, jede Musik ist irgendwann ausgereizt. Rock&Roll war innovativer und brachte wieder Schwung in die Bude.
Und ich bin immer noch der Überzeugung, dass Encuentros, durch das Ausreizen eines Optimums, ein beschleunigtes Absterben des Tangos bewirken könnten.
Jetzt habe ich aber noch nicht über moderne Tangos gesprochen, die ich auch nicht so genau kenne wie eine „musicalizadora“, die über wesentlich mehr Musikkenntnisse verfügt und hier auf diesem Blog einen Gastbeitrag über zeitgenössische Tangos schreiben möchte.
Ich muss zugeben, dass es da doch nicht so rosig aussieht, wie ich vermutete.
Also demnächst hier … in diesem Theater!
Musik ist oft Geschmacksache, über die man nicht streiten kann, aber über Milonga-Tauglichkeit der Musik schon.
Kriterien der Tanzqualität einer Musik sind nämlich keine Geschmackfrage, sondern sachlich zu begründen.
Ich selbst bin Liebhaber älterer Tangos, aber wünsche mir neue Tangos in dieser Qualität der Epoca de Oro, wie vielleicht alle.
Dass es aber diese Vielfalt, Qualität und Potential an guten Musikern, Arrangeuren, das finanzierende Publikum nochmal geben könnte, ist zwar zu hoffen, aber ehrlich gesagt eine Illusion.
(Jetzt bekomme ich aber Schelte von den „Neos“, die ein Plädoyer für neue Musik erwarteten.)
Eine mögliche Alternative zu Monotonie
Ich bin eher dafür, dass zur Abwechslung wieder andere Musik wie Salsa, Swing, Cumbia die Tanzabende beleben sollten und Tangotänzer mal auch andere Tänze ausprobieren. Als Vorbild sollte man sich da mal an Milongas in südlichen Nachbarländern orientieren.
Und der Einzug von tango-fremder, schöner Tanzmusik könnte eine Bereicherung in Milongas und eine entspannende Wirkung gegen Monotonie sein. Diese Monotonie, die sich durch eine zu beobachtende Milonga-Müdigkeit bemerkbar macht.
Ich erinnere mich an die Anfangs Zeit des Tangos in Berlin, als im Loft des Metropol-Theaters am Nollendorfplatz in der „Tango Bar“ zwischen den Tangosets auch gute andere Tanzmusik gespielt wurde: Da gab es wunderschöne Vals Peruanos, kubanische Guajiras von Guillermo Portabales, Merengues, Salsa, eine wunderschöne Mischung lateinamerikanischer Tanzmusik. Ich vermisse diese Stimmung an diesen Abenden heute sehr.
Wenn nach mehreren Tango-Tandas die Stimmung ein bißchen eingerostet erschien, wurde mit Salsa dagegen gehalten und die Gästeschaft wieder aufgeweckt.
Wenn ich auch noch an eine andere Goldene Ära der 20er Jahre hinweisen darf, in der alles getanzt wurde, wo Tanzpaläste, wie der Femina Palast, in mehreren Etagen unterschiedliche Tanzorchester auftreten ließen, wo man Charleston, Schieber, Walzer und viele andere Tänze auch einigermaßen beherrschte, ist doch eine Epoca de Oro auch mal in Berlin wiederzufinden. Ein „el dorado“ der Vielfalt, in der ein guter Tänzer eine Vielzahl von Tänzen beherrschen musste, um einigermaßen kompatibel zu sein. Ein gutes Buch („wie die Wilden“) erzählt darüber, wie „tanzverrückt“ fast alle Menschen waren. Gegen die beobachtende Obrigkeit die als Milchbars getarnte Tanzschuppen, in denen so wild getanzt wurde, dass dagegen heutige Milongas wie Partys in Altersheimen wirken müssen.


Der Femina Palast in Berlin mit mehreren Etagen
Tango Ball im Loft Metropol
Warum sind die jeweiligen Tanzszenen von Tänzen wie Lindy Hop, Caribic Tänzen und Tango, die ja alle lebendige Tanzkultur ist, und nicht verstaubte, nur in Tanzschulen künstlich am Leben gehaltenen Standard- und Lateintänze, sind, so getrennte Mikro-Universen?
Warum sind in allen beschrieben Gruppen, in jeder für sich, viele Tänzer, die jeweilig andere Tanzart ablehnen? Das mag auch an Hörgewohnheiten in Verbindung zum Tanzvermögen liegen. Salsa nervt Tangoleute und umgekehrt, weil beides Tanzmusik und keine Hörmusik: bedeutet, dass man sie tanzen können muss um sie zu mögen; zum Hören ist sie nicht komponiert. Auch ist es vom Einkommensstandard aus betrachtet eine völlig andere Gesellschaftsgruppe. Aber Vielfalt belebt!“
Aber selbst in den großen Tanzsälen in B.A. gab es inden 40ern Swing (genannt Jazz) – und Orquesta Tipica, also Tango. Die goldene Ära bezieht sich nicht nur auf Tango, sonder auch auf Swing. Die Orchester waren fantastisch.
Wenn nochmal ein Tango-Boom, wie in den 40ern passieren sollte, wird die Musik wieder völlig anders und, wie bei D’Arienzo, neuer sein.
Sind wir dazu bereit?
Ich glaube, nach unseren Hör-und Tanzgewohnheiten eher nicht.
Der Begriff EdO ist also nur ein künstlicher Begriff, der zwar die Tangomusik in eine zeitliche Epoche zwängt und identifizierbarer macht, aber nicht unbedingt ein Kriterium für „Tanzbarkeit“ sein muss.
17 thoughts on “Epoca de Oro”
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> Warum sind die jeweiligen Tanzszenen […] so getrennte Mikro-Universen?
Weil Tango-Tänzer im Normalfall nichts anderes können. Die Frauen haben meistens zumindest Yoga, Pilates oder etwas Ähnliches gemacht (und dadurch ein Minimum an Körperbewusstsein und Koordination) und immer mal wieder ein bisschen Standard/Latein, Salsa etc. getanzt. Die meisten Männer haben, wenn’s hochkommt, mal in ihrer Jugend einen Tanzkurs gemacht und das war’s dann meistens auch schon mit Koordination, Musik und Tanz. Und dann beschließen sie so um die 50 mit Tango anzufangen. Was soll da schon groß dabei rauskommen? Ist bzw. wäre ja auch nicht weiter schlimm, wenn viele / die meisten (?) nicht ernsthaft glauben würden, ihr jämmerliches Getrippel (vgl. deine Encuentro-Videos) wäre gutes Tanzen.
Ist Tango noch eine „lebendige“ Tanzkultur? Da habe ich so meine Zweifel (und du offenbar ja auch) …
> Wenn man nämlich heutzutage […] war früher gar nicht die Zeit dazu.
Was für ein Verständnis von „musikalisch tanzen“ liegt dieser Aussage zugrunde? Können wir uns (für Hobby-TänzerInnen!) auf das einigen, was ich in https://jochenlueders.de/?p=15837 beschreibe?
Und zugegeben, dass ist noch weit weg von Amenabars hohen Ansprüchen (wie z.B. Verdoppelungen nur zu tanzen, wenn sie auch in der Musik „angelegt“ sind). Aber deine Encuentro-Videos zeigen ja, wie wenige selbst die Grundlagen tänzerisch umsetzen können.
> Die Lager haben sich scheinbar mit einer Nichtvereinbarkeit zweier Tanz-Sparten abgefunden: Neo und EdO
Du verwendest „Neo“ so selbstverständlich, als ob völlig klar wäre, was damit gemeint ist. Frag mal rum, was Leute unter „Neo“ verstehen und du wirst völlig unterschiedliche Antworten bekommen. Die einen meinen damit alles, was nicht „traditionell“ ist. Andere meinen „Tango Nuevo“ (Piazzolla & Co), wieder andere „Coverversionen“ von modernen Orchestern. Die meisten meinen nach meiner Erfahrung Electro Tango (Gotan Project & Co).
> […] aber wünsche mir neue Tangos in dieser Qualität der Epoca de Oro […]
Fangen wir mal mit der „Qualität“ an. Wenn man mit ausgebildeten Musikern spricht, bekommt man schon ganz andere Antworten. Wie man sich doch bereits an der enormen Anzahl der Tangos denken kann, handelte es sich zum Großteil um eine Massenproduktion von (meistens) ziemlich simpel gestrickter Unterhaltungsmusik nach dem Geschmack der Zeit. Daran ist ja auch gar nichts Verwerfliches, niemand erwartet von einem Rock’n’Roll, Swing oder WasAuchImmer Stück große künstlerische Qualität. Es war halt (Gebrauchs-) Musik zum TANZEN. Und egal welches der „großen Orchester“ ich mir anhöre, nach spätestens fünf Stücken wird’s doch schnell langweilig, weil alles so gleich klingt. (Nur deshalb erkennt man ja relativ leicht z.B. einen Di Sarli und kann ihn von d’Arienzo unterscheiden.)
Zweitens: Es gibt durchaus „neue Tangos“ wie z.B. von Walton / Van Duinen (https://waltonvanduinen.bandcamp.com), dem Alex Krebs Orchestra (https://alexkrebstangoorchestra.com) und dem Solo Tango Orquestra (https://www.youtube.com/watch?v=23QAoWkDNQE), nur werden die halt nicht gespielt. Es werden ja nicht mal neue, frischere Interpretationen („Coverversionen“) der alten Stücke gespielt (vgl. https://jochenlueders.de/?p=15859). Deswegen gibt es für Musiker, Komponisten, Arrangeure etc. eigentlich keinen Grund neue Tango-Musik zu schaffen.
Danke, Jochen, eine mir bisher unbekannte, aber einleuchtende Sichtweise auf die EdO-Musik und ein möglicher Grund für das Taste-Freezing der Tango-Society. Nur werden das die eingefleischten Fans der EdO nicht gerne lesen, denn für den Begriff „Gebrauchsmusik“ sind doch einige Aufnahmen musikalisch zu komplex. Seltsam ist doch, dass es nur wenige zeitgenössische – vorwiegend keine europäische – Musiker schaffen, diesen Tangos ihren besonderen Touch und den „compás“ einzuhauchen, die ihn für Tänzer so attraktiv machen. Aber auch hier scheint für Tänzer:innen im Gewohnheitseffekt der Grund zu liegen. Wenn ich zum Beispiel Di Sarli tanze, scheint hier auf voller Tanzfläche die tänzerisch Freiheit für die Interpretationsmöglichkeiten unbegrenzt zu sein, während mir bei Pugliese der Rahmen sehr eng gesteckt wurde. (Schwer zu erklären). Es gab auch viele Musiker, die damals in den späten 40ern schon versuchten, aus dem Rahmen „tanzbare Tangos“ auszubrechen und komplexere Tangos spielten (Troilo und Francini-Pointiere), bei denn man sich hüten sollte, von „Gebrauchsmusik“ zu sprechen. Leider gibts es von Troilo kaum Tangos mit erträglicher Aufnahme-Qualität. Und dass es nach 5 Stücken langweilig wird, kann ich auch nicht bestätigen, denn bei jedem Stück sind die Phrasierungen und Akzente oft woanders (allerdings nicht für Ungeübte hörbar). Das ist auch der Grund, warum seit 70 Jahren immer noch gerne dazu getanzt wird, denn das ist bei allen anderen Tanzmusikrichtungen (Ausnahme Swing) anders.
> während mir bei Pugliese der Rahmen sehr eng gesteckt wurde. (Schwer zu erklären)
Warum soll das „schwer“ zu erklären sein? Bei einem typischen Troilo hast du ständig Dynamik- und Tempowechsel. Immer wieder verschwindet (oft unvorhersehbar) der Rhythmus bzw. die Akzente und man eiert mit einem Ritarando rum, bevor es irgendwann wieder weitergeht. Wie du ja selber richtig feststellst: „Kriterien der Tanzqualität einer Musik sind nämlich keine Geschmackfrage, sondern sachlich zu begründen.“
> bei denn man sich hüten sollte, von „Gebrauchsmusik“ zu sprechen.
Ja, natürlich. Aber um diese anspruchsvolle Musik geht’s dir doch in deinem Beitrag gerade nicht, oder?
[…] Die “Vielfalt des Tangos”, mit der diese Schule im Untertitel wirbt, habe ich hier allerdings nicht erlebt. Dafür habe ich samstags das Kreuzberger “Bebop” http://kroestango.de/aktuelles/immer-wieder-samstags-bei-thomas-k-im-bebop/ , sonntags das “Tangoloft” im Wedding besucht http://kroestango.de/aktuelles/adios-tangoloft-hasta-luego/ . Im Mala Junta wechselten zwar wöchentlich die DJs, aber nicht die grundsätzliche Stilrichtung. Alle durchaus wahrnehmbaren Nuancen beweg(t)en sich im Rahmen dessen, was ich “klassischen Tango” nenne – also Musik, die in den goldigen Zeiten vor dem Ende der 1950er Jahre aufgenommen wurde. Wer eine ausführliche Erörterung des Begriffs der “”Epoca d’ Oro” sucht, schlage im Blog von Klaus Wedel nach. https://www.tangocompas.co/epoca-de-oro-welche/ […]
Leider hat es Corona unterbrochen. Freitags im Grugapark zur Milonga, danach in die Cuba Lounge ausgelassen Salsa tanzen.
Ich halte es für wichtig, niemandem seinen Geschmack zu vermiesen, ihn an etwas zu hindern. Aber umgekehrt muss auch niemand weitere Tänze lernen sofern er kein Interesse daran hat.
Unser Tangoverein vermietet seine Räume auch für andere Tanzrichtungen, von Bachata bis Kinderballett. Vielleicht ergibt es sich ja mal, dass dann auf Milongas genügend geübte Salsatänzer sind. Einmal kam jemand und wollte Bachata tanzen. Na ja, ich hatte keinen Song parat und war in der Situation einer gut laufenden Milonga auch nicht bereit sein Smartphone anzukoppeln. Aber sollte er wieder kommen bin ich besser gerüstet. Wir werden sehen…
Lieber Klaus,
die EdO ist ja ein vielschillernder Begriff, wie auch deinem Artikel zu entnehmen ist. Bei dir heißt es zuerst 1943-1955, später 1940-1955, dann ab 1939, und du zitierst die verbreitete Meinung, dass D’Arienzo/Biagi, die 1936-1938 zusammen gespielt haben, die neue Blüte des Tangos begründet hätten – alles Zitierungen, du teilst ja die apodiktische Abgrenzung nicht, erfreulicherweise.
Und du hast recht mit deiner Bemerkung, dass der elektrisierende Beat schon viel früher als bei D’Arienzo zu finden ist; du erwähnst das Sexteto Di Sarli, und insbesondere ist auch Eduardo Donatos Orchester zu erwähnen, das ab 1932 tolle rhythmische Musik zum Tanzen gespielt hat.
Ich kenne gar nicht so viele DJs, die sich dogmatisch auf die EdO festlegen, wie auch immer sie sie definieren. Aber in der Tat, die frühere Musik kommt oft zu kurz, und das ist schade.
In Encuentros wird übrigens auch viel Musik der 30er Jahre gespielt: vor allem Canaro mit Maida und Donato. Das ist dann die restriktive EdO Definition von manchem Encuentro-DJ.
In Buenos Aires herrscht übrigens wirklich ein starker Dogmatismus über die zulässige Musik und eine strikte Definition, was dazu gehört – darüber vielleicht ein andermal mehr (und zwar mit viel BA-Erfahrung auf dem Buckel). Die Perteños sagen dazu nicht unbedingt EdO, sondern die reden davon, ob ein DJ sein Handwerk beherrscht oder nicht.
Wie genau in der „EdO“-Zeit getanzt wurde, finde ich nicht wirklich wichtig. Wir sind ja kein Museum, wo die alten Zeiten originalgetreu dargestellt werden sollen. Der Tanz hat sich inzwischen dermaßen weiterentwickelt, dass es ein Krampf wäre, tanzen zu wollen wie in den Vierzigern. (Anmerkung: Vor allem in der Frauenrolle haben sich die Bewegungsmöglichkeiten enorm weiterentwickelt). Mit dem heutigen Wissen über über Körpermechanik und mit den heutigen Neuerungen in diversen Stilen haben wir ein riesiges Repertoire von Bewegungsmöglichkeiten, mit dem wir auf Tango-Musik aus allen Jahrzehnten tanzen können.
Ich glaube allerdings nicht, wie du, dass man nur musikalisch tanzen kann, wenn man die Stücke schon -zig- oder hunderte Male gehört hat. Die Struktur der Tangos ist, auch über die Jahrzehnte, doch ziemlich ähnlich, mit Teilen, die in Varianten und abwechselnd wiederholt werden – das heißt, dass man als Tänzer vielleicht nicht sofort, aber im Verlauf des Stückes darauf vorbereitet ist, was kommt. (Wenn es nicht gerade Eduardo Rovira aus den 60er Jahren ist, aber den rechne auch ich nicht zum Milonga-Repertoire). Erst recht innerhalb der Orchester: ein neues Stück von D’Agostino/Vargas oder Caló/Berón ist nicht so eine große Herausforderung, wenn man vorher schon auf diese Orchester/Sänger getanzt hat.
Über Pugliese/Chanel schreibe ich dann vielleicht ein andermal ….
Hallo Klaus, ich stimme dir in Vielem zu. Leider finde ich, daß mich Salsa oder Jazz sehr zum Hören antörnt, aber nicht zum Tanzen, ebenso Chacarera.
Ich finde es eine Qual, steifen deutschen Hüften bei Salsa, Swing oder Chacarera zuzusehen. Da gehe ich doch gerne vor die Türe eine virtuelle Zigarette rauchen….Gut es gibt Ausnahmen, und beim Tango geht es ja einigermassen. Leider ist das nichts für mich. Also lieber erweiterte EDO wie zum Beispiel bei der Milonga von Theresa Faus. Leider werden die Zwanziger und Dreissiger Jahr Tangos oft selten gespielt. Und die späten Tangos sind auch nicht immer tanzbar, haben aber oft ein gewisses Flair , oder Kitsch und in gewissem Maße gefällt mir das auch sehr.
Also doch die EDO am Leben halten….
Herzlichen
Lieber Klaus,
schöne Grüsse aus bella Italia!
Einen Blick über den Tellerrand möchtest Du haben? Sehr gerne!
Also hier ist vieles ganz anders.Das fängt schon mal damit an, daß in der Tangoszene man nicht nur Tango kennt. Hier wird auch noch Salsa, Bachata, Merengue, Lindy Hop, Jive usw. getanzt. Dies wird verknüpft mit der Milonga in den Cortinas. Die Ankündigung einer Milolanga beinhaltet u.a.was in der Cortina gespielt wird am Abend, eine kostenlose Übungsstunde zur Auffrischung oder für Einsteiger. Das kann Tango sein, oder Salsa etc.Es gibt auch Abende wo eine Live Band die Cortinas spielt. Die meisten Tangotänzer und Tänzerinnen sind auch hervorragende Salsatänzer.Das ergibt eine lockere Stimmung ,wo jeder tanzt wozu er Lust hat, oder sich ausruht. Meistens geht aber die Post ab. Und alles steht gleichberechtigt nebeneinander. Mir gefällt das.Um der möglichen Monotonie zu entgehen die Du ansprichst,könnte man ja mal darüber nachdenken ähnliches in Deutschland zu versuchen. Traut euch mal. Dann gibt es noch etwas was man hier nicht kennt. Meckern über DJs und deren Musikauswahl, was geahndet wird durch fernbleiben? Wir haben hier viele DJs m/w auch vom Festland zu Gast, die alle ein hohes Ansehen geniessen und darüber hinaus exzellente Tänzer sind. Die Unterschiede sind marginal denn es gibt keine Lagerbildung. Man legt hier EdO orientiert auf, Neo gibt es so gut wie garnicht.
Ich hoffe dieser kleine Einblick hilft Dir bei den Überlegungen die Szene wieder zu beleben.
Irgend wann in diesem Jahr komme ich bei Dir vorbei und freue mich auf eine Ronda mit Dir.
Sonnige Grüße aus Sicilia
Liebe Christa,
vielen Dank für Deinen Blick über den Tellerrand, der ja meine Idee der Inklusion anderer Tanzmusik zwecks Belebung bestätigt.
Davon kann man nur lernen. Ich werde es zunächst erstmal in meiner Milonga erstmal langsam, peu á peu, ausprobieren, also nicht nur reden, sondern auch „machen“:
Ich freue mich dann auf Deinen Besuch und einen Tanz mit Dir.
Liebe Grüße von Klaus
In den meisten Milongas mit Tangomusik – die ich kenne – ist es nichts Besonderes, eine Tandas von neueren Tangoorchestern zu spielen. Etwas aus den 60’ern sowieso. Wird beides sowieso den meisten nur wegen der besseren Soundqualität auffallen. Eine Tanda aus den 30’ern wird gleichermaßen eher wegen der zumeist schlechteren Soundqualiät negativ bemerkt werden.
Die Grenzlinie läuft also mehr zwischen Tango/Non-Tango als zwischen EdO/Non-Edo.
Lieber Martin,
schön, dass es da Ausnahmen gibt. Aber Ausnahmen, vorwiegend in Milongas, bestätigen die Regel. Allerdings ist in vielen Milongas und Encuentros eine allgemeine und von mir kritisierte „Linientreue“ in Richtung EdO zu beobachten, die tendenziell mehr oder weniger strikt eingehalten wird, die aber auch durch Ausnahmen nicht zu widerlegen ist, nur weil ein paar wenige DJs ein paar „mutige Einstreuer“ einfließen lassen.
Mich würde zum Beispiel mal interessieren, wie in B.A. mit dem Etikett EdO umgegangen wird, ob es dort auch so eine starke Bedeutung hat, wie hier.
Weiß da jemand etwas drüber?
Es ist schon erstaunlich wie oft in Diskussionen einige Leute meine Beobachtungen allgemeiner Tendenzen, die ich ja auch lange recherchiere, immer wieder durch ein paar Ausnahmen scheinbar widerlegen zu können glauben, wie bei einer Verwechselung von Klima und Wetter.
Auch immer wieder lustig ist in Tangokreisen zu beobachten, wie einige Tango-Touristen glauben, nach ein paar Tagen Tango-Urlaub und dadurch bedingte touristische Impressionen, das Phänomen Tango und das Leben in Buenos Aires beurteilen zu können. Also auch hier ein fehlender Blick aufs Ganze.
Ich kenne z.B. nur einen Tangolehrer (A.A.) im Ruhrgebiet, der sehr oft und längere Zeit in Buenos Aires gewesen ist und schon wesentlich mehr darüber weiß.
Oh, ich bezog mich auf „traditionelle Milongas“. Bei Encuentros wird es mit Non-EdO möglicherweise enger, ich habe da auch keine breite Erfahrungsbasis. Ich erinnere mich aber an eine Milonga (von fünf) mit „Vinyl-DJ“.
Lieber Klaus,
danke für diesen schönen und ausführlichen Artikel. Ich finde Du hast den Status quo sehr gut beschrieben. Zudem finde ich den Zusammenhang zwischen fortschreitender Zeit bzw. Entwicklung der Musik und der dazugehörigen Zunahme an Komplexität und damit einhergehender steigender Herausforderung für die Tanzenden treffend dargestellt.
Ich erlebe die Ausweitung der Grenzen der EdO nicht als Problem. Auf den Milongas auf denen ich verkehre wird eine Tanda Firpo oft mit Freuden aufgenommen. Ebenso verlässt keiner die Milonga wenn die DeeJane, der Dj mit Pescadore de Perlas von Sassone https://www.youtube.com/watch?v=0kDlY6k22yo nochmal richtig auf die K****e haut.
Für mich ist ein richtiges Maß an Komplexität wichtig. Anfangs habe ich mich über jeden Canaro gefreut, weil ich mein Kreuz dort zuverlässig setzen konnte ohne von Verzinkten Stellen überrascht zu werden. Inzwischen langweilt mich das, von Dir erwähnte, Poema weil mir in dieser süßen Regelmäßigkeit die Komplexität fehlt und ich freue mich über die Nachkriegs D`Arienzos, welche früher für mich ein tänzerischer Grauß waren. Wenn man tief genug in die in die Tangomusik eingetaucht ist, kann man sogar bei Francini Pointier (oder Pugliese/Chanel) die Hotspots Vorausfühlen.
Nach meinem Empfinden verliert sich diese schöne Komplexität, dann ab den 1950ern in einer Kitschwelle. Ab diesem Zeitpunkt wird es immer schwerer etwas wirklich spannendes zu finden.
Deine Frage ist berechtigt….was könnte dann noch das Spektrum der EdO Milonga erweitern?
Vielleicht wünschen wir uns alle ein modernes Orchester, welches wirklich die Qualität von Troilo oder Biagi hat. Ich habe leider noch keines entdeckt. Viele Moderne funktionieren nach dem Prinzip des Orquesta Romantik Milongiero. Glasklarer Sound, Eingängige Stimme, schwoofige Melodien, Popfeeling, leicht tanzbar, alle Typischen harmonischen Stellen sind dort wo man sie erwartet. Jedes bekannte Orchester der Edo hat den Tango durch etwas besonderes bereichert- die zwingende Geschwindigkeit D`Arienzos, die rhythmische Spielereien Biagis, die Hervorhebung der Sänger durch Troilo oder sei es nur der Schlussakkord von Lomuto. Bei Zeitgenössischen Orchestern entdecke ich solche Bereicherungen selten bis nie. Sie wirken auf mich oft wie etwas schlecht aufgewärmtes Altes. Diese Finesse in den Harmonien und die raffinierten Spielereien in den Rhythmen, die mich magisch in die Trance des Tangorhytmus treiben, mich zu rhythmischen Spielereine animieren, sind dort für mich, einfach nicht zu erleben. Wenn ich auf Non Tango tanze kann dies auch spannend sein, aber nicht in der selben Form wie mich die Musik der 30-60er (also der erweiterten EdO) antreibt. Hier nicht selten mein Problem, dass sich die Harmonien oft wiederholen A B A B A B`oder so. In den ca 3 Minuten der traditionellen Stücke drängen sich mir so viele Einzelsequenzen auf, dass ich oft nicht weiss welche ich jetzt tanzen soll. Bei 4:54m „una noch mas“, was ein wunderschönes Lied ist, geht mir durch die ständige Wiederholung, interpretatorisch schnell die Puste aus.
Mein persönliches Fazit: Ich habe mich an den Stücken der erweiterten EdO noch lange nicht sattgehört und sie werden mich noch lange zum tanzen ermutigen.
Leute wie Melina Sedó oder Thomas Kröter stellen bei FB immer wieder interessante Trouvaillen vor die man im normalen DJ-Repertoire nicht hört. Es gibt also sicher noch einige Schätze zu heben. und ich wünsche mir den Mut der Deejanes und Djs das vorhandene Potential noch weiter auszuschöpfen.
Gleichzeitig habe ich immer noch die Hoffnung ein modernes Orchester zu entdecken, welches sich von der Qualität in die Reihe Großen einfügt.
Eines noch zum Schluss. Danke, Klaus, für folgenden Satz:
„Eingängige Musik eignet sie sich auch für musikalische-rhythmische Tanzschulung viel besser als spätere Musik.“
Ich habe als Anfänger nie verstanden, weshalb mein Tanzlehrer mich zusätzlich zu den unbezwingbarem Figuren auch noch mit D`Arienzo/Lamas verwirren möchte. In solchen Situationen wünscht man sich die 1 und die 5 dort wo man sie erwartet. Di Sarli, Di Sarli, Di Sarli! Das gleiche gilt für DeeJanes/DJs. Warum ein unerfahrenes, unsicheres Tanzvolk mit Biagi/Ibanez quälen, wenn es Poema bräuchte um sich wohl zu fühlen?