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Der stille Rückzug des Tango Argentino – Zu schwierig für die Masse?

Der stille Rückzug des Tango Argentino – Zu schwierig für die Masse?

Tango Argentino – ein Tanz, der oft mit Romantik, Nostalgie und einer Portion Pathos verkauft wird. Aber lassen wir die Phrasen mal beiseite. Tango ist keine Hochglanzbroschüre und auch kein folkloristisches Souvenir aus Buenos Aires. Tango ist komplex, fordernd und manchmal verdammt unbequem. Und gerade deshalb stellt sich eine provokante Frage: Passt so ein Tanz eigentlich noch in unsere Zeit? In eine Gesellschaft, die Freizeit nach Kalenderplantool, Lebensabschnittspartner:innen und Netflix-Slots organisiert?

Immer mehr Menschen probieren Tango aus, ja. Es gibt Kurse, Events, Milongas in fast jeder Stadt. Tango wirkt auf den ersten Blick wie ein inklusives Hobby: keine Altersgrenze, kein perfekter Körper notwendig, keine Vorkenntnisse. Aber der zweite Blick zeigt: Viele steigen schnell wieder aus. Oder bleiben an der Oberfläche. Denn Tango braucht mehr als Neugier. Er braucht Zeit.

Und genau die fehlt vielen. Ist Tango also zu übungsintensiv für den modernen Lebensstil? Zu fordernd für die breite Masse? Oder ist er gerade deshalb das perfekte Gegenmittel zum überfrachteten Freizeitalltag?

Tango in Zahlen: Großes Interesse, kleine Nische

Fangen wir mit den Fakten an: Laut einer Schätzung von „030tango.com“ aus dem Jahr 2015 gibt es in Deutschland rund 78.889 Menschen, die regelmäßig Tango Argentino tanzen.
Ich muss zugeben, der Zeitpunkt dieser Schätzung ist inzwischen 10 Jahre her und dürfte überholt sein, aber ich habe keine aktuellen Zahlen gefunden. Die Schätzspanne reichte dabei von 18.900 bis zu über 230.000, je nachdem, wie man „regelmäßig“ definiert. Selbst wenn man die obere Grenze annimmt, bleibt der Anteil im Vergleich zur Gesamtbevölkerung verschwindend gering: Bei rund 83 Millionen Einwohner:innen macht das nicht einmal 0,3 Prozent aus.

Zahl ist statistisch unscharf

    • Die Schätzung um 80 000 basiert auf einer 2015er-Fermi-Analyse von 030tango, mit einer Schwankungsbreite von etwa 19 000 bis 233 000 RedditFacebook+2030tango.com+2YouTube+2.

    • Bei so hohen Unsicherheiten lässt sich die Zahl nicht präzise als “vollständig lernfähige Masse” interpretieren – sie umfasst nämlich alle, die Tango mehr oder weniger regelmäßig tanzen, inklusive Festivalbesucher:innen und Workshop-Teilnehmer:innen.

Expertenmeinungen & Community-Feedback

  • In einer Diskussion auf Reddit hieß es:

    “All of us together guessed … between 110 000 and 2.8 million Tango dancers in North America and Europe combined.” Reddit

    Diese sehr grobe Bandbreite zeigt, dass selbst in internationalen Communitys kein einheitlicher Konsens besteht – von klar massentauglich sind wir damit weit entfernt.

Zum Vergleich: Laut Deutschem Tanzsportverband gibt es über 1,2 Millionen Menschen, die in Standard- und Lateintanzvereinen organisiert sind. Fitnessstudios zählen mehrere Millionen Mitglieder. Und selbst Nischensportarten wie Bouldern oder Yoga haben heute deutlich mehr aktive Anhänger:innen als Tango.

Das zeigt deutlich: Tango ist präsent, aber er bleibt ein Nischenphänomen. Und zwar eines, das sich nicht durch schiere Masse auszeichnet, sondern durch die Tiefe der Erfahrung.

Zeit ist der neue Luxus

Warum ist das so? Warum hat Tango trotz seiner Faszination keinen breiteren Zugang zur Bevölkerung gefunden?

Ein wesentlicher Grund ist: Tango braucht Zeit. Und genau die fehlt heute den meisten Menschen.

Der Freizeit-Monitor 2023 des Instituts für Demoskopie Allensbach zeigt: Erwachsene in Deutschland haben im Durchschnitt rund 5,5 Stunden Freizeit pro Tag – unter der Woche weniger, am Wochenende etwas mehr. Klingt erstmal ordentlich, aber diese Zeit wird zum überwiegenden Teil passiv genutzt:

    • Rund 78 Prozent verbringen ihre freie Zeit mit Fernsehen oder Streaming.
    • 72 Prozent surfen im Internet oder scrollen durch soziale Medien.
    • Nur ein Bruchteil nutzt seine Freizeit für aktive, lernintensive Hobbys wie Tanzen, Musik oder Sport.

Besonders stark ist dieser Zeitmangel bei Eltern, vor allem bei Paaren mit kleinen Kindern. Studien zeigen, dass in dieser Lebensphase kaum mehr als ein bis zwei Stunden Freizeit pro Tag übrig bleiben – und selbst diese sind oft fragmentiert, unplanbar oder schlicht zu spät am Abend.

In diesem gesellschaftlichen Umfeld hat ein Tanz wie Tango Argentino, der Konzentration, körperliche Wiederholung und soziale Interaktion braucht, einen schweren Stand.

Was steht der Massentauglichkeit im Weg?

    1. Hoher Lernaufwand: Die Einstiegshürde ist nicht die Choreografie, sondern das Körpergefühl.

    2. Regelmäßiges Üben nötig: Ohne Milonga oder Practica geht es kaum voran – das kostet Zeit.

    3. Fehlende Kursstruktur: Anders als in Tanzschulen für Standardtanz gibt es kaum klare Levels mit Prüfungen.

    4. Keine schnelle Belohnung: Fortschritte sind subtil – für Ungeduldige wirkt das frustrierend.

    5. Sozialer Mut nötig: Tango erfordert Nähe, Augenkontakt, emotionale Offenheit – nicht jede:r fühlt sich dabei sofort wohl.

Tango „light“? 

Was passiert also, wenn ein komplexes, tiefes Kulturgut wie Tango auf eine schnelle, konsumorientierte Freizeitgesellschaft trifft?

Es entsteht eine neue Form: Tango light. Ein bisschen wie entkoffeinierter Kaffee oder alkoholfreier Sekt. Man nimmt am Erlebnis teil, ohne sich wirklich einzulassen.

    • Man besucht einen Kurs für Einsteiger:innen, aber bleibt nicht dran.
    • Man tanzt Figuren, aber versteht nicht, wie sie getragen, geführt, gefühlt werden.

Kurzum: Man tanzt Tango, ohne Tango zu tanzen.

Das Problem dabei ist nicht, dass Menschen Spaß haben – das ist wunderbar. Aber wenn niemand mehr die Tiefe sucht, verliert der Tanz seine Essenz. Die Verbindung in der Umarmung, das Spiel mit dem Rhythmus, das leise Einverständnis in der Musik – all das verblasst, wenn Üben, Forschen und Scheitern nicht mehr Teil des Weges sind.

Vom tiefen Lernprozess zur schnellen Erfahrung

Früher (und das ist gar nicht so lange her) war es selbstverständlich, dass man sich über Jahre mit Tango beschäftigt: wöchentlicher Unterricht, Praktika, Milongas, Workshops, Reisen nach Buenos Aires.
Heute beobachtet man immer öfter:

    • Menschen besuchen kurze Schnupperkurse,

    • kaufen sich teure Tangoschuhe,

    • gehen nur gelegentlich auf Milongas –

    • ohne jemals ein sauberes Gehen, eine stabile Achse oder ein Gefühl für Musikalität entwickelt zu haben.

Es wirkt manchmal so, als wolle man sich Tango „kaufen“ wie ein Lifestyle-Produkt: ein bisschen Leidenschaft, ein bisschen Eleganz, ein bisschen Nähe – aber bitte ohne jahrelange Übung.

Zu übungsintensiv für die breite Masse?

Die ehrliche Antwort lautet wahrscheinlich: Ja. Tango ist zu übungsintensiv für die breite Masse. Er ist zu leise für eine Welt, die nach schnellen Erfolgen ruft. Zu intim für eine Gesellschaft, die sich lieber über Bildschirme begegnet. Und zu anspruchsvoll für ein Freizeitverhalten, das sich in 15-Minuten-Slots organisiert.

Aber genau das macht ihn auch so wertvoll.

Denn Tango belohnt nicht die, die schnell lernen. Er belohnt die, die bleiben, mit einem sinnlichen Genuss. Die immer wieder übend, tastend, scheiternd zurückkehren. Die zuhören. Die mit sich und anderen in Verbindung treten wollen – nicht nur für zwei Stunden am Freitagabend, sondern auf Dauer.

Wie Tanzschulen reagieren können

Angesichts dieser Entwicklung stehen Tangolehrende und Tanzschulen vor einer echten Herausforderung. Wenn viele Menschen Tango nur noch als gelegentliche Freizeitoption sehen und kaum Zeit zum Üben bleibt, stellt sich die Frage: Wie kann man trotzdem Begeisterung aufbauen und langfristige Entwicklung fördern?

Ein paar mögliche Ansätze:

    • Kompakte, modulare Kursformate: Statt 12-Wochen-Kurse mit viel Theorie könnten kurze, intensive Workshops mit klaren Fokusthemen angeboten werden. So können auch Vielbeschäftigte gezielt Fortschritte machen.
    • Mehr offene Übungsformate (Practicas): Niedrigschwellige, informelle Settings motivieren dazu, Gelerntes auszuprobieren, ohne Leistungsdruck.
    • Digitale Ergänzungen: Online-Videos, kurze Reminder-Übungen oder Feedback per App können das Lernen zwischen den Stunden unterstützen und Unabhängigkeit fördern.
    • Mentoring-Modelle: Fortgeschrittene Tänzer:innen als „Paten“ für Einsteiger:innen – das fördert nicht nur das soziale Lernen, sondern stärkt die Bindung an die lokale Szene.
    • Realistische Erwartungshaltung vermitteln: Tango braucht Zeit – das sollten Anfänger:innen früh verstehen. Nicht abschreckend, sondern ehrlich. Wer weiß, worauf er oder sie sich einlässt, bleibt länger dabei.

Tango wird vielleicht nie ein „schnell zu lernendes“ Hobby sein. Aber mit kreativen, flexiblen Lernangeboten kann man ihn besser an den modernen Alltag andocken – ohne seine Tiefe aufzugeben.

Fazit: Tango ist keine Dienstleistung. 

Tango Argentino wird nie ein Massensport sein. Er ist zu komplex, zu langsam, zu ehrlich. Aber vielleicht ist das genau sein Geschenk an uns:

In einer Welt voller Reizüberflutung, Effizienz und Beliebigkeit erinnert er uns daran, dass Tiefe Zeit braucht. Dass Verbindung Übung braucht. Und dass nicht alles, was sich lohnt, schnell gehen muss.

Tango kann man nicht konsumieren. Man kann ihn nicht kaufen. Man muss ihn leben, erleben, erarbeiten.

Und wer bereit ist, ihm diese Zeit zu geben, wird etwas zurückbekommen, was kein anderes Hobby in dieser Form bietet:

Eine Verbindung, die wortlos ist. Eine Kommunikation, die körperlich und emotional zugleich ist, aber immer ehrlich. 

8 thoughts on “Der stille Rückzug des Tango Argentino – Zu schwierig für die Masse?

    • Author gravatar

      Lieber Klaus Wendel,

      die Vermutung einer Betriebsblindheit von (Kommentar von Jochen Lüders) teile ich. Ich nehme eine gewisse Ratlosigkeit wahr, und die in den unterschiedlichen Tangoforen vorzufindende Vielzahl sich teils widersprechender Vorschläge gegen den Rückzug des Tango oder den ausbleibenden Nachwuchs bestätigen diesen Eindruck.
      Um Blindflügen zumindest in den Kursen vorzubeugen, empfehle ich regelmäßige Lehrevaluationen durch anonyme Teilnehmerbefragungen, wie sie in anderen Bereichen der Erwachsenenbildung üblich und bei Institutionen im Hochschulbereich sogar verpflichtend sind.
      Mir fehlen leider Informationen, ob Anbieter von Tangokursen solche Evaluationen ihrer Angebote durchführen. Von einzelnen Anbietern im Großraum München habe ich hierzu allerdings ablehnende Stimmen mit unterschiedlichen Begründungen gehört.
      Vielleicht hast Du einen besseren Überblick oder kannst generell Deine Meinung dazu schreiben.

      Herzlich, Bernhard

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        Hallo Bernhard,
        mit dem Anspruch auf Umfragen bestätigst Du einen alten Wunsch von mir.
        Aber klären wir mal zuerst den Begriff „Betriebsblindheit“. Ich verstehe darunter eine mangelnde Wahrnehmung der Kundeninteressen, also wenn ein Tango-Kurs-Anbieter glaubt einen Betrieb zu führen, in dem er sich sicher fühlt, dass er alle Vorlieben und negativen Kritikpunkte seiner Tangoschüler kennt und sich auf „dem richtigen Weg“ glaubt, aber gewaltig irrt.
        Wenn Jochen (oder Du) mich persönlich meint oder Tangoschulen im Allgemeinen, kann ich Euch sagen, dass ich mein Ohr sehr nahe am Kunden bzw. Tanzschüler habe.
        In einer entspannten Atmosphäre, kann man sich alles sagen, vor allen Dingen, wenn man öffentlich selbstkritisch ist und über sich selbst lachen kann.

        Außerdem hat Jochen Lüders im Bezug auf „Betriebsblindheit“ ganz besondere Kritikpunkte angesprochen, von denen zu vermuten ist, dass sie seine persönlichen Frustrationen anspricht und nicht die der Allgemeinheit.

        Wenn es also anonyme Umfragen geben sollte, dann her damit. den Wunsch nach Umfragen hege ich schon lange.

        Den Vorschlag einer allgemeinen Umfrage habe ich mal vor Jahren dem Tango Verein ProTango e.v. im speziellen Jörg Buntenbach gemacht.
        Denn wenn ein Verein bei Politikern Interessen der Tango-Lehrerschaft und der Tango-Szene vorschlägig wird, möchte doch ein Politiker zumindest wissen, mit wieviel Menschen (in diesem Fall Tangoschulen oder insgesamt Tänzer:innen) er es zu tun hat, die er vertreten soll. Überhaupt wär’s doch mal sinnvoll eine Umfrage zum Bestand der Tangoszene zu machen, dafür wäre der Verein doch sinnvoll. Stattdessen geht es aber nur um Lehrerinteressen, um KSK-Zugang, um GEMA, Umsatzsteuern, usw. Jede normale Firma macht Kundenbefragungen, aber ProTango e.V. hat es nicht nötig.
        In einem früheren Artikel „Cambalache“ habe ich am 9. Juni 2021 öffentlich ein paar Fragen an ProTango e.V. gestellt, unter Punkt 4 im Kapitel „FRAGEN AN PROTANGO…“ folgendes:
        „[…] 4. Gibt es eigentlich genaue Zahlen über die beschriebenen Interessengruppen, die man hier gesamtheitlich zu vertreten glaubt?
        Es gab bisher keine Umfragen und deshalb noch nicht einmal zuverlässige Daten, die aber den Politikern doch so wichtig sind. Wie will man als Lobby-Gruppe politisch ernst genommen werden, wenn diese nicht einmal zuverlässige Zahlen der vertretenen Gruppe kennt?“ […]

        Link: https://www.tangocompas.co/cambalache/
        Wie zu erwarten war, kam da keine Antwort, denn ich hatte es gewagt diesen ominösen Verein anzugreifen, nachdem ich festgestellt und geschrieben hatte, wie dilettantisch dort gearbeitet wurde.
        Also, ProTango, wie wär’s denn mal mit einer Umfrage!?

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      Lieber Klaus,
      ich bin fast bei Dir.
      Aber ich sehe einen riesigen Unterschied zwischen Führenden und Folgenden. Der sinnliche Genuss stellt sich bei einer Folgenden sehr früh ein, wenn sie auf erfahrene Tanzpartner trifft.
      Bei einem Führenden dauert es dagegen Jahre, bis er nicht mehr über seine eigenen Schritte und die Wahl der musikalisch passenden Figur nachdenkt, sondern die Verbindung zu seiner Tanzpartnerin spürt und genießen kann. Diese frustrierende Zeit durchzuhalten ist nicht einfach. Und mit einem Hinweis auf die Zeit, die man braucht, um Tango zu lernen, ist es nicht getan. Wie vermittelt man einem Anfänger, der mehr als genug mit seinen eigenen Schritten beschäftigt ist, wo die Reise hingehen soll?
      Liebe Grüße,
      Helge

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        Lieber Helge,
        mag sein, dass es Jahre für die Führenden dauert, aber die Folgenden machen es meistens auch nicht immer sehr gut, denn gute Führung macht auch nicht immer bessere Tänzerinnen aus jeder Partnerin. Da machen es sich viele Frauen zu leicht.
        Einem Anfänger sollte man, neben seinen Schritten, vor allem die Verbindung mit der Partnerin und gute Führung zeigen, ohne zu viel Schrittmaterial. Wohin die Reise geht, kann man ihnen auch in kurzer Zeit nur eine Ahnung vermitteln. Sie sollten aber möglichst früh in Prácticas für volle Pisten mit wechselnden Partnerinnen vorbereitet werden.
        Lg. Klaus

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      Die von dir genannten Gründe für die fehlende „Massentauglichkeit“ mögen ja alle richtig sein. Aber wie „betriebsblind“ muss man sein, um die offensichtlichsten Gründe nicht mal anzusprechen:
      Erstens der verschnarchte Uralt-Schrammel-Sound, der überall dudelt – wohlgemerkt nicht „DIE Musik“! (siehe https://jochenlueders.de/?p=17196)
      Zweitens das sterbenslangweilige Am-Platz-Kreiseln, das auf vielen Encuentros und Milongas praktiziert wird. (siehe: https://jochenlueders.de/?p=17121)
      Und drittens mieser Unterricht, bei dem Leute, die noch nicht mal in guter Haltung entspannt gehen können, „zusammengeklebt“ irgendwelche Schritte/Figuren absolvieren müssen.

      • Author gravatar

        Hallo Jochen,
        1. habe ich nur von einem möglichen Aspekt, dem Zeitmangel, als einen unter mehreren geschrieben.

        2. halte die von Dir wahrgenommenen Gründe wie „Uralt-Schrammel“ und „sterbenslangweiligem Gekreisel“ für DEINE persönlichen Aversionen und Störfaktoren und habe sie noch nie als Kritikpunkte, nicht in auch nur einem Geschräch von Leuten gehört, die früh wieder ausgestiegen sind. Oft war eher die Oberflächlichkeit der Tangoszene bezüglich persönlicher Kontakte untereinander, also außerhalb der Milongas, ein Kritikpunkt. Auch habe ich sie noch nie etwa in Umfragen oder Diskussionsforen bei Facebook gelesen, (als ich dort noch einen Account hatte,) dass dieses „Am-PLatz-Kreiseln“ oder zu alte Musik der Grund für den Ausstieg waren. Wenn „Uralt-Schrammel“, wie Du es nennst, wirklich so unbeliebt ist, warum wird diese Musik dann seit über 85 Jahren auf der ganzen Welt erfolgreich gespielt und dazu getanzt, ohne, dass sich Leute davon gelangweilt fühlen. Man kann doch nicht den überwiegenden Teil der Tango-Szene der „Geschmacksverirrung“ bezichtigen.

        3. hält doch auch schlechte Haltung, bedingt durch miesen Unterricht, Leute nicht davon ab, tanzen zu gehen. Oder hast Du mal gehört „ich höre auf, weil ich eine schlechte Haltung habe und sich alles schlecht anfühlt“? Ich kann zwar diese Kritikpunkte auch beobachten und sehe Bedarf, da besser zu unterrichten. Aber ich habe zum Beispiel heute beim Unterricht bei einem Meisterpaar dazugelernt, dass es sich „himmlisch“ anfühlen kann, so eng, aber gleichzeitig aufrecht und entspannt, zu tanzen. Man muss nur dafür etwas tun und sich weiterbilden, auch als Tangolehrer. Tango ist ein fließender Prozess der Weiterentwicklung, die nie aufhört.
        Was ich anklage, ist, dass isch Leute nicht weiterbilden und irgend wann glauben, sie hätten es drauf und dann aufhören sich weiter zu entwickeln. Man braucht ja nicht jede Woche eine Einzelstunde, aber den Willen, an sich zu arbeiten. Dass man dafür Zeit braucht, fürs Üben und Tanzen, ist ein Faktum. Und nach meinen Informationen mangelt es den meisten daran neben anstrengendem Job und zu vereinbarenden Privatleben mit Lebenspartnern und anderen Hobbys. Außerdem sind auch gute Tänzer bei der engen Umarmung nicht „aneinandergeklebt“ sondern sehr flexibel mit der Umarmung. Lies bitte mal meinen Artikel „Gedanken über Tango Unterricht | 15.Teil – Wie eine unpassende Umarmung die tänzerische Entwicklung bremst“, darin gebe ich Dir Recht, was die falsche Umarmung mit der Tangoszene macht und kann ähnlich Entwicklungen beobachten.
        Mit freundlichen Grüßen
        Klaus Wendel
        PS: Und man ist nicht unbedingt „betriebsblind“, nur weil man gerade nicht die speziell von Dir als wichtig genannten Gründe genau so wichtig erachtet wie Du. Denn Du sagst ja selbst in Deinen Artikeln, dass es nur Deine Meinung ist.

    • Author gravatar

      Ich finde, daß im Abbinder dieses ansonsten gut geschriebenen Textes das Element „sinnlicher Genuß“ in der Liste möglicher Belohnungen ruhig noch ein wenig präsenter sein darf…

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