
Die Politisierung des Tangos
Der Anlass meines Beitrags mit diesem Titel ist eine Kette von schriftlichen Auseinandersetzungen mit Gerhard Riedl, einem Blogger, der auf seinem Blog namens „Gerhards Tango-Report“ sehr kontroverse Beiträge über Tango Argentino in Deutschland schreibt und auch andere aktuelle Themen der Tagespolitik auf’s Korn nimmt. Außerdem schrieb er ein sehr kontroverses Buch, das offenbar durch seinen fachwissen-vortäuschenden Titel viele Leser fand. Inzwischen ist eine 2. Auflage seines „Großen Milongaführers“ erschienen, zu dessen Kauf ich allerdings dringend abraten möchte; es lohnt nicht.
Denn es ist kein dem Titel entsprechend zu erwartendes Fachbuch, sondern ein sehr emotionales Meinungsbuch mit viel Häme über archetypische Charaktere der Tangoszene, für die man kein Buch braucht, sondern nur ein wenig Menschenkenntnis und Beobachtungsgabe; schon gar keinen „Großen Milongaführer“.
In einem seiner letzten Blog-Beiträge, „wir da oben – ihr da unten“, bezog sich Herr Riedl offensichtlich auf den Titel eines Buches von Bernt Engelmann & Günter Wallraff, „Ihr da oben – Wir da unten“, aus den 70er Jahren, in dem ungerechte Zustände der deutschen Gesellschaft, also die Macht der Milliardäre – oben – und die Ohnmacht der normalen Menschen – ganz unten – kritisiert werden.
Er zog diesen Vergleich in Hinsicht auf die neu gegründete Initiative ProTango e.v., die sich für Belange der Tangoprofessionals in Deutschland einsetzen möchte. In diesem Fall wähnt er diese Gruppe – da oben – und sich selbst, als nicht-beruflichen Veranstalter seiner Wohnzimmer-Milonga im normalen „Tangovolk“ vereint im Fußvolk, als – da unten!
Auch, weil er den Verein als politische höhere Instanz betrachtet, die über Musikauswahl, Regeln, Auswahl der Gastlehrer und andere Themen der gesamten Tangoszene bestimmen möchte.
Daher der Titel dieses Beitrages über Politik in der Tangoszene und darüber, in welchen Fällen man Kritiker lieber nicht beachten sollte.
Gegendruck aus der Ecke der Tango-Facebookgruppen bekommt G.R. vor allen Dingen, weil er in seinen Beiträgen auch gewisse Menschen anhand ihrer Facebook-Kommentare kritisiert, deren streitsüchtigen Charaktereigenschaften er glaubt anhand ihrer aus dem Zusammenhang gerissener – und zugegeben, manchmal aggressiv klingenden – Diskussionsbeiträge ziehen zu können. Er zieht z.B. Diskussionskommentare, die besonders polemisch erscheinen, per Copy & Paste auf seinen Blog und seziert sie ausgiebig mit Genuss vor seinem Leserpublikum, um durchaus gut formulierten Lesestoff mit satirischen Einstreuungen für seine Blog-Fans zu produzieren.
Weshalb er sich auch als Satiriker versteht und sich deshalb wahrscheinlich mit seinem Liebling Dieter Nuhr in einem Boot wähnt, nicht als Satiriker, sondern weil er sich wie dieser als Überbringer „unbequemer Wahrheiten“ ungerechtfertigt einem ständigen Shitstorm und – bei Tangobeiträgen – der Ignoranz der „Tango-Elite“ aus der Tangoszene, also einer „Cancel Culture“ ausgesetzt fühlt.
Beide, Riedl & Nuhr, übersehen dabei, dass zur handwerklich guten Satire mehr gehört, als bloß seine kritische Meinung zu sagen, um dann, bei Widerspruch und Shitstorm, den Begriff Satire zu bemühen: Gute Satire sollte nämlich auch bei mäßig bemittelten Lesern als solche erkennbar sein. Was allerdings das Lästern über Facebook-Flegel mit Satire zu tun haben soll, erschließt sich mir nicht.
Thomas Kröter, ein anderer Blogger aus Berlin, hat einmal in einem Artikel seines Blogs über G.R. geschrieben: […]“Gerhard R. hat in seinem Blog ein ziemlich schlichtes, aber umso wirkmächtigeres Prinzip entwickelt und perfektioniert. Mit einem Bild aus der Welt des Boxens: Er schlägt präzise knapp über die Gürtellinie. Dorthin, wo es weh tut. Auf diese Weise provoziert er Menschen, die weniger cool und kampferprobt sind, zu Regelverletzungen. Postwendend und mit Unschuldsmiene prangert er dann deren Unfairness an. Arnold Voß hat das in der FB-Debatte um die “Drei Zitate” so vorbildlich analysiert, dass ich es hier nicht noch einmal wiederholen muss. Gern inszeniert er sich auch darüber hinaus als Opfer und beklagt, wie sehr er von seinen Gegnern bedroht und verfolgt werde.“ […]
Gut beschrieben.
Auch G.R.s Beiträge über Tango, in denen er unnachgiebig und meist kritisch über Flegel und Unsitten der deutschen Tangowelt schreibt, haben etliche Diskussionen mit heftigen Widersprüchen provoziert. Er bekräftigt zum Beispiel immer wider die Unwichtigkeit von Tangolehrern in Deutschland, weil Tangotänzer hier entweder vom Himmel fallen oder sich jeder das Wissen zum Tango Argentino bei einem Freund oder Onkel zeigen lassen könne, weil ja Tango in Deutschland – wie in B.A. – überall präsent sei. Er beruft sich dabei auf die ursprüngliche Lerntradition am Rio de la Plata, aber zugleich solle man sich aber die Reise nach Buenos Aires sparen, zumal man als Autodidakt viel besser würde. Er selbst diene ja als leuchtendes Beispiel eines Tango-Autodidakten, allerdings gibt er selbst schriftliche Tanz-Lektionen in seinem ersten „Großen Milongaführer“.
Obwohl, wirklich nach B.A. reisen muss man ja wirklich nicht, aber es hilft den Tango ein wenig besser zu verstehen.
Meist verliefen diese Diskussionen über solche Schmonzetten durch sein reichhaltiges und nerviges Instrumentarium an Diskussions-Tricks (wie z.B. oft benutzte Strohmann-Argumente) im Sande, ohne dass irgendjemand einmal, trotz überzeugender Gegenpositionen eingelenkt hätte.
Herr Riedl verteidigt seine Thesen mit einer Hartnäckigkeit, die man durchaus als „Beratungsresistenz“ betrachten darf.
Er will ja auch nicht beraten werden, weil er alles besser zu wissen glaubt; übrigens ein beispielhafter Fall des Dunning-Kruger-Effekts.
Dabei ist sein dürftiges „Tangowissen“ sehr durchwachsen von Standpunkten wie aus Sicht eines Tänzers der „Tango-Pubertäts-Phase“, der die Tangowelt aus einem trotzig-revolutionären Blickwinkel betrachtet und deshalb einschlägige Erfahrungen der gesamten Tango-Welt grundsätzlich nicht zur Kenntnis nehmen will.
G.R. versteht Gemeinschaftsregeln der Tangowelt, gemeinschaftliche Absprachen (codiogos) – auch zum Beispiel den Konsens auf für alle gut tanzbare Musik – auch rücksichtnehmende Regeln auf der Tanzpiste – als willkürlich von einer Pseudo-Tango-Elite konstruierte Gesetze, die er mit militärisch-hierarchischen Machtstrukturen vergleicht, die es als ehemaliger Wehrdienstverweigerer und Sozialdemokrat zu verweigern gilt.
Das Gefühl der Ablehnung in der Tangowelt, die ja auch andere oft empfinden und das er vermutlich in diversen Milongas zu spüren bekam, veranlasst ihn nun, dagegen schriftlich zu rebellieren und sich gleichzeitig als Opfer der Tango-Hierarchien – einer Tango-Oberschicht, ihr da oben – zu betrachten.
Dass er damit eine ganze Gruppe Menschen anspricht, denen es ähnlich erging, also die diese gewünschte Kuschelecke „wir haben uns alle lieb, weil wir ein gemeinsames Hobby teilen“ nicht finden konnten, erklärt den großen Zulauf auf seinem Tango-Blog.
Wer das verstehen möchte, kann sich als Beleg auch mal den Artikel „EINER IST KEINER“ durchlesen.
So auch sein „Großer Milongaführer“, in dem er die Tango-Welt aus Sicht eines relativ frischen Milonga-Besuchers betrachtet, in dem der mit derselben Häme über die typischen Charaktere und die Cliquen herzieht, wie in seinen Beiträgen. Dass es diese in allen Gesellschaften, Vereinen und Hobbygruppen gibt und nichts tango-typisches ist, scheint ja jedem klar zu sein, nur nicht ihm.
Manche gehen soweit, Ihn aufgrund seiner oft zersetzenden, oft nur destruktiven wirkenden Kritik als „Troll“ zu bezeichnen, allerdings nicht als pöbelnden „Haudrauf“, sondern als einen Provokanten, der um seiner selbst willen sticheln möchte oder um die Zugriffszahlen auf seiner Blogseite zu steigern.
Auf diese hohen Zahlen ist er nämlich zurecht stolz. Und man muss das auch anerkennen, denn er schreibt fleißig mit einer guten, souveränen rechtschreibfehlerfreien Formulierung.
Er beruft sich auch oft auf Quellen, obwohl er zur Belegung seiner Tango-Ansichten oft die eigenen Tango-Beiträge aus der Vergangenheit heranzieht; sozusagen als sich selbst referierende Referenzen.
Zugegeben, eine schriftliche Diskussion mit ihm ist eine Herausforderung, wer sich durch seine Stringenz und durch seine Strohmann-Argumentation gereizt fühlt und polemisiert, hat verloren. Ich muss zugeben, dass ich mir manches blaues Auge dabei geholt habe. Zum Beispiel beim Thema „Weltkulturerbe Tango“, bei dem er mir den begründenden Text der UNESCO dazu um die Ohren knallte, und ich mich – leider widerlegt – trollen musste.
Ich möchte aber jetzt zu eigentlichen Frage kommen, zur Politik in der Tangoszene:
Warum zu diesem einfachen Thema eine so lange Einlassung auf Gerhard Riedl?
Einmal wegen des oben erwähnten Artikels, der ja im Thema politisch ist und zum zweiten hat G.R. oft Dinge angesprochen, die aus seinem Blickwinkel das gesellschaftliche Zusammenspiel in einer überschaubaren Gruppe kritisiert, dessen Gruppendymamiken und Missstände oft politisiert werden.
Da werden also Verhaltensweisen vieler Protagonisten kritisiert, die völlig gruppentypisch sind, aber für außenstehende verletzend – ja sogar demütigend sein können, aber wegen der Idee des sozialen Charakters, die dem Tango oft implementiert wird, dort nicht vermutet wurden.
Deshalb wird hier die „große Enttäuschung über eine große Illusion“ zu unrecht politisiert.
Doch manchmal muss ich feststellen, dass ich mittlerweile wegen meiner Diskussionslust mit Herrn Riedl, in der Tangoszene etwas Mut aufbringen musste, um nicht in das Lager der „Grantler“ (bayrisches Wort für „Meckerer“, alt und verbrämt) verbannt zu werden.
Das Lied „Spiel nicht mit den Schmuddelkindern!“ von Franz Josef Degenhard fiel Riedl einmal selbst dazu ein.
Ich habe ja oft nach langen Diskussionen von Freunden gehört: „lass Dich doch nicht provozieren“ -„…warum lässt Du Dich immer wieder auf ihn ein?“ – „…der hat doch sowieso keine Ahnung vom Tango“ – „…der Mann ist nur bösartig“ usw.
Warum ich mich immer wieder darauf einließ? Weil er mich oft zum nachdenken brachte und aus ihm die Bedenken auch anderer Mitglieder der Tangoszene sprachen. Das hat mich gereizt etwas dazu zu schreiben. Er hinterfragt alles und das tue ich auch. Wer nicht forscht und fragt, bleibt dumm. Aber um zu verstehen, nicht um zu lästern.
Vielleicht breche ich mit diesem Beitrag sogar das Tabu der allgemein heimlich abgesprochenen Ignoranz gegen oder über die Person Gerhard Riedls, was mich auch zu diesem Beitrag veranlasste.
Ich habe lange darüber nachgedacht und komme zu folgendem Schluß: Ignorieren? Jein!
Realwelt oder Tango-Welt?
Eigentlich sehnen sich viele Tangotänzer:innen nach einer friedlichen, harmonischen Kuschelecke außerhalb ihres Alltags, wo sich doch wenigstens dort – durch die tänzerische Nähe zueinander assoziiert – diese Nähe auch in den Köpfen der Menschen in allen Handlungen widerspiegeln sollte.
Bis dann viele Tänzer:innen schon nach kurzer Zeit feststellen, dass es in der Welt der Milongas, der Tangoreisen, der Tango-Kleidung und -Schuhverkäufer, der Tangolehrer:innen, der Tänzer:innen eitlere, extrovertiertere, narzisstischere und selbstüberschätzendere Zeitgenossen zu geben scheint, als in der Realwelt. Auch die Tanzpiste scheint eher ein Wettbewerbsplatz als eine Schmusezone zu sein. (Die Encuentro-Tänzer bestehen aber darauf, auf Inseln der Harmonie zu schweben.) Es scheint zumindest oft so. Vielen scheint ein Traum zu platzen, wenn sich durch egoistisches, ruppiges Verhalten mancher Zeitgenossen, die heile-geglaubte Tangowelt dann als Realwelt entpuppt.
Tango ist also Realwelt, obwohl leider nicht in allen Köpfen der Tangowelt.
Aber oft haben diese erwähnten „Alphas“, die sich scheinbar über ihre tänzerische Anerkennung in Milongas oder ihren Rang als private Veranstalter oder andere Jobs einen gesellschaftlichen Rang erhoffen, keinen wirklichen Sitz in der V.I.P.-Lounge, keine politische Macht, in der sie über Gepflogenheiten, wirtschaftliche Regeln, Musikauswahl und Umgangsformen bestimmen können, wie ihnen das G.R. unterstellt. Die kleinen scheinbaren Hierarchien in Milongas, in der bestimmte Gäste oft der Reihenfolge nach, entsprechend ihrer vermuteten Wichtigkeit durch DJing, Tanzfähigkeit und Multipräsenz, per Bussi begrüßt werden, ist oft nur oberflächlich, obwohl amüsant und durchschaubar. Aber diese äußerlichen Hierarchien entstehen nicht durch wirklichen Einfluss, sondern durch „Arschkriechertum“ der devoten, nach-oben-bussi-verteilenden Möchtegern-Aufsteiger.
Es gibt dagegen schon wirtschaftliche Vormachtstellungen und Konkurrenz unterhalb der Milongabetreiber und Tangoschulen, die sich von der ohnehin dünnen Anzahl der tänzerisch ausgebildeten Kundschaft eine finanzielle Decke versprechen.
Es dauert nämlich relativ lange, eine Kundschaft auszubilden, die dann die Mindestanzahl an Gästen für eine mittelgroße Milonga-Piste hervorbringt.
Reine Milongabetreiber ohne angeschlosse Tangoschule haben an der Ausbildung dieser Tänzer:innen zumindest keinen Anteil, was etwas ungerecht erscheint, wenn sie sich in Konkurrenz zu reinen Tangoschulen mit Milonga-Betrieb begeben, welche ja die Tänzer ausbilden und Milongas veranstalten müssen, um die notwendige Miete für die Unterrichtsräume zu finanzieren.
Haben eigentlich private Milonga-Betreiber, die ohne finanziellen Druck und Risiko und ohne eigenhändig akquirierte Kundschaft in einer Facebook-Gruppe (mit oft 2000 Mitgliedern) einfach mal so – mir nix dir nix – mit einem Posting ihre eigene Milonga beworben haben und damit an der Mindestzahl der nötigen Tänzer:innen anderen Milongas nagten, einmal darüber nachgedacht, was sie damit bei Leuten finanziell bewirken können, die davon leben?
Zumal wenn es an besagten Terminen und Orten schon welche gibt?
Ich habe in unzähligen Facebook-Diskussionen bereits darüber geschrieben. Da wurde von anderer Seite moniert, dass Tango-Schulen doch keinen Anspruch auf Menschen hätten und diese doch nicht als Eigentum betrachtet werden könnten.
Nein, das ist ja auch nicht gemeint.
Aber es sind deren Kunden und Tanzschüler, und jeder Tangolehrer weiß, wie schwierig es ist, einen Tanzkundenstamm zu erarbeiten, der nachher auch eine Milonga-Piste zumindest mengenmäßig füllt: Jahrelange Unterrichtszeit – Woche für Woche.
Doch seltsamerweise berufen sich ausgerechnet finanziell unabhängige Laien-Veranstalter, die oftmals noch einen Beruf haben und normal verdienen, dann auf die freie Marktwirtschaft, obwohl sie nie das finanzielle Risiko einer Tangoschule mit Veranstaltungsraum tragen mussten. Noch dazu, wenn sie sich dafür werbetechnisch einer Infrastrukur bedienen, zu der sie nicht beigetragen haben, in dem sie zum Beispiel in fremden Milonga dafür Werbung machen.
Wir langjährigen Tangoprofis haben alle untereinander einen grundsätzlichen Respekt voreinander, weil wir alle unter den selben Bedingungen an neuen Tänzer:innen arbeiten. Wir machen das oft mit Hingabe zum Tango und nicht nur für Geld, obwohl wir wissen, dass wir ohnehin damit nicht viel verdienen werden.
Also wenn schon freie Marktwirtschaft der Milongas, dann bitte unter gleichen Bedingungen für alle: Sorgt bitte irgendwie für Nachwuchs! Und wenn Ihr wenigstens aktiv für Tangoschulen werbt, aber bitte außerhalb von Milongas, die Ihr gerade besucht.
Der auch oft von G.R. kritisierte Tango-Devotionalienhandel mit Tango-Tassen, Tango-T-Shirts, die Massenabfertigungen in vergangenen Tango-Camps sind nur ein paar negative Erscheinungen des Tango-Marktes – ist zwar nicht unbedingt sinnvoll – aber in unserer Konsumgesellschaft normal und nicht besonders tango-typisch.
Ein weiterer Kritikpunkt, nämlich eine Petition, in der scheinbar nur Tangoprofis als Kulturschaffende bezeichnet wurden, schien in erstem Hinblick etwas gewagt. Die vom Verein ProTango in der Petition beanspruchte und von Riedl als elitär kritisierte Anerkennung des Tango als fester bestehender Kulturbereich in Deutschland durch die Aufnahme des Tango Argentino in die Liste des immateriellen Weltkulturerbes und die damit einhergehenden Verpflichtungen Deutschlands kam auch bei vielen in der Tango-Kommune ein wenig hochtrabend daher, aber mittlerweile hat der Verein recht bodennah die Einwände in einem Extra-Artikel beiseite gewischt.
Denn es gibt auch viele ehrenamtliche Milonga-Betreiber, die zum Beispiel großartig geplante, zusätzliche Outdoor-Milongas im Sommer organisieren, ohne Geld dafür zu bekommen, und sicherlich auch Laien-Lehrer, die für Tango-Nachwuchs sorgen. Also waren damit nicht vorrangig die Profis gemeint, sondern die gesamte Tangogemeinde, anders als von Riedl reklamiert.
Es geht also bei einer Beurteilung ob kulturschaffend oder nicht, nicht darum, ob damit Geld verdient wird, sondern um den Einsatz für den Tango.
Da sich aber zusätzlich viel Einsatz oft nicht nebenberuflich bewerkstelligen lässt, machen manche einen Beruf daraus. Tangoprofessionals haben nie als Vollprofis angefangen, sondern ihre Schule nach und nach aufgebaut, um irgendwann von ihrem schönen Hobby leben zu können. Das haben sie dann auch verdient und macht sie dadurch nicht zu „denen da oben“, womit im Originalbuch Kapitalisten und Ausbeuter gemeint waren.
Ist deshalb eine Interessengruppe für Tangoprofis ein Regierungskabinett?
Wir haben im Tango keine Klassengesellschaft, Gottseidank, deshalb brauchen wir dort auch keine Sozialdemokratie, sondern nur einen netten und respektvollen Umgang miteinander; aber keine hämischen Artikel über die bösen Schulhofrüpel.
Das ist nämlich Kinderkram, wie eine Moderatorin eines Artikel von Riedl über „Tango-Aggro-Gangs“ darüber passend formulierte.
Aber wahrscheinlich steckt Herr Riedl gedanklich noch in seinem Schulalltag als Lehrer vor seiner Pensionierung.
Wir Tangoleute aber sollten uns in der normalen, der politischen Welt und der Tangowelt gegen Menschen wehren, die nur spalten wollen. Bei Herrn Riedl habe ich auch nicht mehr den Glauben, dass er gutmeinend den Finger auf die Wunden legen will, sondern aus anderen Gründen „grantelt“. Denn ich habe gehört, dass einige Menschen aus der Tangoszene ihm die Hand zu einem reflektierten Diskurs reichen wollten. Ich gehörte auch dazu. Er lehnt das jedoch reserviert ab, denn das würde ihm ja offenbar hämischen Schreibstoff für seinen Blog entziehen.
Die wahren Gründe dafür kann ich aber nicht wissen.
Der Grund, warum ich Diskussionen mit G.R. für wichtig hielt, ist eine sachliche, selbstreflektierende Auseinandersetzung mit kritischen Themen über uns Tangoprofessionals vor seinen Blog-Lesern, die ja offenbar seine Sicht teilen.
Da er aber unnachgiebig auf seine längst widerlegten Standpunkte besteht um daraus weiterhin provozierende Streitpunkte zu produzieren, offensichtlich nur um zu triggern, habe ich resigniert das Schreiben auf seinem Blog aufgegeben.
Ich habe ja jetzt meinen eigenen Blog.